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  • 31.3.2017

Strukturbiologie entwickelt Wirkstoff, der Trypanosomen blockiert

Neues Medikament gegen die Schlafkrankheit

Ein neu entwickelter Wirkstoff tötet gezielt den Erreger der Schlaf- und der Chagas-Krankheit. Zunächst ermittelten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Technischen ±«²Ô¾±±¹±ð°ù²õ¾±³Ùä³Ù ²Ñü²Ô³¦³ó±ð²Ô, des Helmholtz Zentrums ²Ñü²Ô³¦³ó±ð²Ô und der Ruhr ±«²Ô¾±±¹±ð°ù²õ¾±³Ùä³Ù Bochum durch Einsatz modernster Verfahren der Strukturbiologie die Achillesferse des Parasiten. Aufbauend auf diesen Erkenntnissen entwickelten sie dann einen passgenauen Wirkstoff.

Trypanosomen in der Durchlichtmikroskopie (links) und in der Fluoreszenzmikroskopie (rechts). Angefärbt sind hier die Glykosomen (rot), gegen die sich der Wirkstoff richtet, sowie die DNA des Parasiten (blau). Bild: Ralf Erdmann, Vishal Kalel / Ruhr-±«²Ô¾±±¹±ð°ù²õ¾±³Ùä³Ù Bochum
Trypanosomen in der Durchlichtmikroskopie (links) und in der Fluoreszenzmikroskopie (rechts). Angefärbt sind hier die Glykosomen (rot), gegen die sich der Wirkstoff richtet, sowie die DNA des Parasiten (blau). Bild: Ralf Erdmann, Vishal Kalel / Ruhr-±«²Ô¾±±¹±ð°ù²õ¾±³Ùä³Ù Bochum

Bohrkörper, so heißen Trypanosomen aus dem Griechischen übersetzt. Die einzelligen Parasiten sind für verschiedene schwere Erkrankungen vor allem in Lateinamerika und Afrika verantwortlich.

Berühmtestes Beispiel ist wohl die von Trypanosomen ausgelöste Schlafkrankheit, die durch die Tsetse-Fliege übertragen wird. In ihrem Endstadium fallen die Patienten in einen Dämmerzustand, der der Krankheit ihren Namen verliehen hat.

Ein weiteres Beispiel ist die sogenannte Chagas-Krankheit, die von Trypanosoma cruzi ausgelöst und von Raubwanzen übertragen wird. Schätzungen zufolge sind auf dem amerikanischen Kontinent rund acht Million Menschen davon betroffen. Symptome sind unter anderem Herzbeschwerden aber auch Nervenschäden im Verdauungstrakt.In der Studie wurde stellvertretend Trypanosoma cruzi untersucht.

„Gegen Trypanosomen gibt es bisher nur wenige Medikamente, die noch dazu viele Nebenwirkungen haben, und es breiten sich bereits erste Resistenzen aus“, erklärt , Direktor des Instituts für Strukturbiologie am Helmholtz Zentrum ²Ñü²Ô³¦³ó±ð²Ô und Inhaber des Lehrstuhls für Biomolekulare NMR Spektroskopie an der TU ²Ñü²Ô³¦³ó±ð²Ô.

Gemeinsam mit Dr. Grzegorz Popowicz (ebenfalls Helmholtz Zentrum ²Ñü²Ô³¦³ó±ð²Ô) und der Arbeitsgruppe von Prof. Ralf Erdmann an der Ruhr-±«²Ô¾±±¹±ð°ù²õ¾±³Ùä³Ù Bochum suchte das Forschungsteam nach neuen Möglichkeiten, den Erreger auszuschalten. „Wir konzentrierten uns dabei vor allem auf die sogenannten PEX-Proteine, die schon länger als mögliche Zielstrukturen diskutiert wurden“, so Sattler.

Pex und hopp!

Die PEX-Proteine spielen eine entscheidende Rolle für die Funktion der sogenannten Glykosomen. Das sind kleine Zellorganellen, die der Parasit für seinen Zuckerstoffwechsel benötigt. „Die Idee war, das Zusammenspiel der beiden wichtigen Proteine PEX14 und PEX5 zu verhindern und dadurch den Stoffwechsel der Trypanosomen so massiv zu stören, dass sie nicht überleben können“, erklärt Grzegorz Popowicz.

Am Bayerischen NMR-Zentrum, das gemeinsam vom Helmholtz Zentrum und der TU ²Ñü²Ô³¦³ó±ð²Ô betrieben wird, untersuchten die Forscher daher zunächst mit Hilfe der Kernspinresonanz (engl.: nuclear magnetic resonance, NMR)-Spektroskopie die Struktur der beiden Zielproteine.

Im nächsten Schritt optimierten die Teams aus ²Ñü²Ô³¦³ó±ð²Ô und Bochum dann anhand der nun bekannten räumlichen Struktur einen Wirkstoff, der perfekt an PEX14 bindet, so die Wechselwirkung mit PEX5 verhindert und die Parasiten abtötet. Grzegorz Popowicz beschreibt es so: „Wir haben quasi zunächst das Schloss vermessen und anschließend den Schlüssel dafür entworfen.“

Möglicherweise auch bei anderen Parasiten relevant

Künftig wollen die Forscher die Moleküle weiterentwickeln, damit sie in klinischen Studien getestet und gegebenenfalls zur Herstellung von Medikamenten genutzt werden können. Darüber hinaus untersuchen sie, inwiefern sich die Methode auch für den Einsatz bei anderen einzelligen Parasiten anbietet, die möglicherweise auf ähnliche Proteine angewiesen sind. „Denkbar wäre hier etwa die Bekämpfung von Leishmanien“, erklärt Popowicz. In diese Richtung werde man künftig weiterforschen.

 

Die Arbeiten wurde gefördert mit Mitteln der Europäischen Union aus dem Marie SkÅ‚odowska-Curie-Programm, durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (u.a. über den Exzellenzcluster Center for Integrated Protein Science Munich), die Helmholtz-Gemeinschaft, das WrocÅ‚aw Centre of Biotechnology und das Ministerium für Bildung, Jugend und Sport der Tschechischen Republik. Röntgenstrukturanalysen wurden an der European Synchrotron Radiation Facility (ESRF) in Grenoble (Frankreich) durchgeführt, die NMR-Messungen am Bayerischen NMR-Zentrum in Garching. An der Forschungsarbeit waren darüber hinaus das Central European Institute of Technology der Masaryk University (Brno, Tschechische Republik), das Schweizerisches Tropen und Public Health Institut (Basel, Schweiz), die ±«²Ô¾±±¹±ð°ù²õ¾±³Ùä³Ù Basel sowie die School of Medicine der New York University (New York, USA) beteiligt.

Publikation:

Inhibitors of PEX14 disrupt protein import into glycosomes and kill Trypanosoma parasites
M. Dawidowski, L. Emmanouilidis, V. C. Kalel, K. Tripsianes, K. Schorpp, K. Hadian, M. Kaiser, P. Mäser, M. Kolonko, S. Tanghe, A. Rodriguez, W. Schliebs, R. Erdmann, M. Sattler, G. M. Popowicz
Science, March 31, 2017 – DOI:

Kontakt:

Prof. Dr. Michael Sattler
Technische ±«²Ô¾±±¹±ð°ù²õ¾±³Ùä³Ù ²Ñü²Ô³¦³ó±ð²Ô
Lehrstuhl für Biomolekulare NMR-Spektroskopie
Lichtenbergstr. 4, 85748 Garching, Germany
Tel.: +49 89 289 13418 – E-Mail –

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